Die Zahl von Personen mit fehlenden Grundkompetenzen variieren je nach Erhebung, sind aber generell hoch: Die Erhebungen vom Bundesamt für Statistik zu digitalen Kompetenzen beschreibt, dass rund 22 % der Schweizer Bevölkerung über geringe oder gar keine digitalen Grundkompetenzen verfügt (Omnibus 2023). Laut dem Digitalbarometer 2024 sind es gar 31 % der Schweizer Bevölkerung. Fehlende Grundkompetenzen haben für die Betroffenen teils schwerwiegende Folgen, von der erschwerten Teilhabe an der Gesellschaft bis hin zum Ausschluss aus der Arbeitswelt. Besonders Personen mit tiefer Bildung, hohem Alter und niedrigem Einkommen haben ein erhöhtes digitales Exklusionsrisiko (Digitalbarometer 2024).
Digitale Kompetenzen
Hohe Anzahl von Personen mit fehlenden Grundkompetenzen
Definition digitale Grundkompetenzen
Digitale Grundkompetenzen beschreiben die Fähigkeit, Anwendungen und Programme auf verschiedensten Geräten (Computer, Touchpad, Smartphone, Billettautomaten etc.) zu nutzen und damit Inhalte abzufragen, zu verändern und/oder zu erstellen.
Im Zusammenhang mit digitalen Kompetenzen ist der englische Begriff ‘Digital Literacy’ weit verbreitet. Er ist mit dem Konzept der Literalität verwandt und bettet die Fertigkeiten des Lesens und Schreibens in den heutigen Kontext digitaler Technologien ein. Zentral sind dabei der Umgang mit Informationen sowie das Know-how, grundlegende alltägliche Aufgaben mithilfe digitaler Technologien erfüllen zu können. Aufgrund der steigenden Komplexität und Verschachtelung unterschiedlicher Kompetenzen und Begriffe ist auch von ‘Multiple Literacies’ oder ‘Transliteracies’ die Rede. Damit werden die bestehenden Definitionen um eine kulturelle Dimension ergänzt. Hierfür spricht auch, dass digitale Technologien nicht nur zur Informationsbeschaffung, sondern genauso zur Unterhaltung und zum gesellschaftlichen Austausch genutzt werden. Entsprechend wird umso deutlicher, dass digitale Kompetenzen nicht losgelöst vom kontextuellen Umfeld betrachtet werden können.
Ob die individuellen digitalen Kompetenzen ausreichend sind, ist wesentlich durch die gesellschaftlichen und beruflichen Anforderungen bedingt. Unzureichende Kenntnisse im Bereich der digitalen Grundkompetenzen sind entsprechend nicht in einem allgemeinen Sinne definiert. Einerseits sind in verschiedenen Alltagssituationen oder Berufsfeldern unterschiedliche digitale Fähigkeiten gefragt. Andererseits ergeben sich abhängig vom jeweiligen Sozialmilieu unterschiedliche Problemfelder. Schliesslich entstehen individuelle Lücken zunehmend als Folge des technologischen Wandels und der gesellschaftlichen Entwicklung. So werden bestimmte digitale Fertigkeiten, die früher nur von Expert*innen beherrscht wurden, heute als selbstverständlich vorausgesetzt.
Das SBFI bezieht sich dieser Logik folgend in seinem Orientierungsrahmen (SBFI 2019) zu den digitalen Kompetenzen auf alltägliche Aufgaben des Privat- und Berufslebens, für deren Bewältigung unterschiedliche digitale Kompetenzen notwendig sind. Kompetenzlücken liegen entsprechend dann vor, wenn eine problemlose Bewältigung dieser Situationen nicht gegeben ist, beispielsweise wenn:
- die Teilhabe am sozialen Leben erschwert wird
- die Kommunikation mit dem Umfeld beeinträchtigt ist
- alltägliche Handlungen nur eingeschränkt möglich sind
- Probleme bei der Informationsbeschaffung bestehen
- mit der technologischen Entwicklung am Arbeitsplatz nicht mehr Schritt gehalten werden kann
- politische Rechte nur begrenzt wahrgenommen werden können
Digitale Inklusion als Folge
Für den sozialen und kulturellen Zusammenhalt ist es von grösster Bedeutung, dass Menschen mit bereits vorhandenen oder in naher Zukunft entstehenden Kompetenzlücken an digitalen Kompetenzen sich nicht in prekären Lebenssituationen wiederfinden, nicht von Angeboten und Dienstleistungen ausgeschlossen werden, ihre politischen Partizipationsrechte ausüben können, angemessene Hilfe und Unterstützung erhalten und letztlich ihre chancengleiche, gesellschaftliche Teilhabe gewährleistet ist. Die technologische Innovation ist zwar nicht ‘per se’ dafür verantwortlich, Ungleichheiten zu verursachen. Doch hat die Digitalisierung entgegen früheren Annahmen nicht zur (erwünschten) Demokratisierung der Gesellschaft beigetragen, sondern soziale und digitale Bruchlinien verstärkt. Diese Tendenzen lassen sich nur durch verstärkte Bildungsbemühungen im Bereich digitaler Befähigung respektive digitaler Partizipation sowie der Aufrechterhaltung analoger Zugänge auffangen. Sie sind massgebend, um das Recht auf lebenslanges Lernen, die Sicherstellung gesellschaftlicher Integration, den Zugang zu staatlichen, kulturellen und edukativen Ressourcen und Dienstleistungen sowie die Integrität und Unabhängigkeit aller Gesellschaftsschichten gewährleisten zu können.